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Macht des Geldes


Die Macht des Geldes ist ein Glaubenssystem, welches darauf abzielt, Geld als Machtfaktor wahrzunehmen. Jene Macht beeinflusst das Verhalten und das Denken von Einzelpersonen, Gruppen, Institutionen und Gesellschaften. Dadurch wird Geld zu einer Ersatzreligion.

Welche Aufgabe hat Geld für die Wirtschaft

Wirtschaft folgt dem Zweck, die Menschheit mit Waren oder anderen Ressourcen zu versorgen. Einen anderen Zweck gibt es eigentlich nicht. Und da nicht überall auf der Erde die gleichen Bedingungen herrschen, können nicht überall die gleichen Waren produziert werden.

Landwirtschaft ist klimaabhängig, Bergbau kann nur im Berg stattfinden und Kohle gibt es auch nicht überall. Demnach braucht es den Handel zwischen den geografischen Räumen bzw. den Menschen, welche darin leben. Und dieser Handel wird durch Tausch möglich. Tauschte man früher noch Ware gegen Ware, wird heute Ware gegen Geld getauscht.

Warum?
Der Geldtausch macht es für alle Beteiligten leichter. Man nehme an: Ein Landwirt produziert Getreide. Dafür braucht er Werkzeuge. Also müsste er bei einem Warentausch sein Getreide gegen Werkzeuge vom Schmied tauschen. Wieviel Getreide notwendig ist, um einen Pflug auszugleichen – bestimmt zunächst der Schmied.

Vereinfachung des Warenverkehrs

In einem Wirtschaftssystem hat jeder Akteur die gleiche Aufgabe, die Menschheit mit Waren oder Dienstleistungen zu versorgen – welche die Menschen brauchen. So auch der Schmied und so auch der Landwirt.

Würden Beide dies nicht tun, würde die Wirtschaft nicht funktionieren. In einer globalisierten Welt würde man einen anderen Schmied finden. Doch in den Gesellschaften der Urgeschichte bestand das Zusammenleben aus einem Stamm. Über die Stammesgrenzen hinaus gab es kaum Kontakte, weshalb man Schmied und Landwirte brauchte – damit das Zusammenleben in einer arbeitsteiligen Wirtschaft funktioniert.

Aber nehmen wir an: Der Schmied hat schon drei Säcke Getreide im Vorrat. Stattdessen braucht er Kohle für sein Feuer. Dann müsste der Bauer zuvor sein Getreide in Kohle tauschen, um den Schmied zu befriedigen.

Irgendwann wird’s absurd, weshalb der Tauschhandel an seine Grenzen stößt. Das Geld löst das Problem. Denn mit Geld kann der Bauer sein Werkzeug kaufen und der Schmied kann damit seine Kohle bezahlen. Demnach kann über den Umweg des Geldtausches (Geld gegen Ware), der nachträgliche Kauf viel einfacher gestaltet werden. Durch das Geld wird die Wirtschaft (Versorgung der Menschheit) angekurbelt.

Geldfunktionen

Weiterhin bietet Geld die Möglichkeit es aufzubewahren. Auch dies ist ein Vorteil. Denn die Vorratshaltung bei getauschten Lebensmitteln hat ein Zeitfenster (Verderben), welches Geld nicht hat.

Neben der Zahlungs- oder Tauschfunktion und der Wertaufbewahrungsfunktion bietet Geld eine dritte Eigenschaft. Man kann damit rechnen. So kann der Bauer ausrechnen, wieviel Geld er für zwei Pflüge benötigt und dann weiß er auch, wieviel Getreide er verkaufen muss, um diese Geldsumme zu erlangen.

Kurzum hat Geld drei Funktionen:

  • Tausch- und Zahlungsfunktion löst den Tauschhandel ab
  • Wertaufbewahrung löst die Vorratshaltung von verderblichen Tauschwaren ab
  • Rechenfunktion lässt Berechnungen auf Grundlage von Geldmengen zu

Geld kann somit jede Tauschware sein, solange die drei Geldfunktionen erfüllt sind.

Was hat Geld mit Glauben zu tun

Wenn man einen Fünfzig-Euro Schein in die Hand nimmt, dann ist es eigentlich nur ein Papierfetzen. Dennoch glauben sämtliche Akteure in einem Wirtschaftssystem daran, dass dieser Papierfetzen wertvoll ist.

Man kann mit den 50 Euro in den Supermarkt gehen und etwas einkaufen. Und auch das geht nur, weil der Supermarktbesitzer ebenfalls an die Kaufkraft des Euros glaubt. Würde die Menschheit morgen beschließen, nicht mehr ans Geld zu glauben – wäre der 50-Euro-Schein nur noch Papier.

Der Geldwert setzt demnach ein kollektiven Glauben ans Geld voraus. Und hätte man in der Antike beschlossen, dass weiterhin mit Steinen gehandelt wird – wäre wohlmöglich dies die Währung geworden. Dann hätte man beschließen müssen, dass kleine Steine einen bestimmten Wert haben und große Steine einen höheren Wert beitragen. Auch damit hätten sich Kommabeträge darstellen lassen.

Vielleicht hätte man noch nach roten, blauen und grauen Steinen differenziert – und schon hätte man ein Währungssystem erfunden – welches dem heutigen Geldsystem ähnlich ist. Entscheidend wäre gewesen, dass alle Beteiligten an die Kraft bzw. Macht der Steine glauben.

Geld hätte demnach alles sein können, womit man handeln kann: Papier, Münzen, bunte Steine, seltene Blumen oder farbige Eier. In Afrika und Asien handelte man in der Frühgeschichte mit Kaurischnecken und die Sumerer hatten ihr Gerstengeld. Die Menschheit muss sich nur darauf verständigen, dass sie an die Kaufkraft dieser Dinge glaubt.

Narrative ums Geld

Jedes Glaubenssystem braucht Erzählungen und Praktiken, welche den Glauben an diese Religion nähren. Demnach braucht auch das Geldsystem einige Narrative, Rituale und Praktiken. Immer wenn diese Narrative erneut erzählt werden, wird der Glaube an die Macht des Geldes erneuert.

Diese Narrative sind keine Lügengeschichten, sondern Erzählungen, welche während der Menschheitsgeschichte entstanden und sich im kollektiven Bewusstsein festsetzten. Alle bestätigen die Macht des Geldes, weshalb jede Neuerzählung den Glauben wieder erneuert und festigt.

Geld stinkt nicht

Geld stinkt nicht ist eine Redewendung, welche im römischen Reich entstand. Der damalige Kaiser Vespasian (Jahr 9 bis 79 n.Chr.) erhob eine Steuer für die Benutzung der öffentlichen Latrinen (Toiletten). Er wollte damit seine Staatskasse aufbessern.

Laut Überlieferung soll sich Vespasian vor seinem Sohn mit den Worten „Atqui e lotio est“ gerechtfertigt haben. Übersetzt bedeutet dies: Und doch ist es Urin.

Im Laufe der Zeit wurde das Zitat in „Pecunia non olet“ abgeändert, was bedeutet: Geld stinkt nicht. Mit diesem Narrativ wird heute erklärt, dass Geldbesitz oder Gelderwerb aus „unsauberen“ Quellen dennoch etwas Gutes sein muss.

Geld ist etwas Schönes

Geld basiert auf Vertrauen. Mein Nachbar vertraut der Macht (Kaufkraft) des Geldes, weil ich es tue. Und wir beide glauben daran, weil unsere Eltern daran glauben. Unsere Vorfahren glaubten ans Geld, weil der König daran glaubte als er seine Steuern eintrieb.

Die ganze Gesellschaft glaubt ans Geld, weil bei Schulden das Finanzamt kommt oder in früheren Zeiten der Schuldturm auf einen wartete. Letztlich vertrauen wir der Macht des Geldes, weil wir so konditioniert worden. Wir haben von klein auf gelernt, dass man auf sein Geld achten muss, dass man es nicht verschleudert oder verlieren darf. Ansonsten wartet der Schuldturm (Hölle) auf den Sünder.

In solchen Konditionierungs- und Erziehungssystemen wird Geld mit Attributen, wie schön (das schöne Geld) oder glänzend (glänzend Zukunft) versehen. Die meisten Menschen glauben, dass Geldbesitz und Glück in direktem Zusammenhang stehen. Weiterhin werden Menschen, welche Geld besitzen, verehrt und genießen, je nach Vermögenswert, einen gewissen Status.

Die Attribute des Geldes (glänzend, schön, glücklich) werden unbewusst den Personen übergestülpt, welche Geld besitzen. Die US-amerikanische Fernsehserie „Reich und schön“ brachte diese einfache Wahrheit schon mit dem Serientitel auf den Punkt.

Wer etwas hat, ist was und wer nichts hat, ist nichts

Wer viel Geld hat, genießt einen hohen Status und dessen Worte haben ein höheres Gewicht. Dies geschieht unweigerlich, da wir den Geldbesitzer unbewusst mit den schönen Attributen des Geldes assoziieren. Zieht man den Zweck der Wirtschaft und der menschlichen Arbeit (gesellschaftlicher Beitrag zur Versorgung aller) heran, wird klar – dass der Vermögende auch irgendwie mehr für die Gesellschaft geleistet haben muss.

Das Narrativ der Leistungsgesellschaft legitimiert das Vermögen und gleichzeitig schafft es die Substanz, daran zu glauben, dass man es ebenfalls schaffen kann. Beide Narrative sind Praktiken, um den Glauben an die Macht des Geldes stets zu erneuern.

Das Ganze geht natürlich auch in die andere Richtung. Denn wer nichts hat, hat scheinbar auch keinen Beitrag für die Gesellschaft geleistet (Zweck der Wirtschaft). Demnach wird beim Mittellosen eine geringe Arbeitsleistung assoziiert. Dieser hat seinen Beitrag für das gesamtgesellschaftliche Gemeinwohl weniger erfüllt, was sich in seinem Geldbeutel ausdrückt. Demnach räumt man dem Mittellosen einen geringeren gesellschaftlicheren Status ein, als dem Vermögenden.

Solche Denkweisen wollte die soziale Marktwirtschaft überwinden. In heutigen Demokratien mit sozialer Marktwirtschaft als Wirtschaftsmodell hat jeder ein Stimmrecht und somit die Freiheit über die Zusammensetzung der zukünftigen Regierung abzustimmen.

Doch Geld hat schon immer versucht, diese Barrieren zu überwinden. So kann zwar jeder wählen, aber nicht jeder kann wirklich Politiker sein. Auch hier ist Status nötig, welcher entweder durch Geld oder Bildung erlangt wird.

Zwar soll Chancengleichheit schon in der Bildung einsetzen, aber warum gibt es dann Privatschulen in Deutschland. Und warum kostet ein Fernstudium ein kleines Vermögen und warum müssen Eltern in den USA für das Studium ihrer Kinder eine Hypothek aufs Haus aufnehmen.

All diese Umstände sind nicht etwa Fehler im Geldsystem. Nein diese Umstände sorgen dafür, dass wir auch weiterhin an die Macht des Geldes glauben. Ähnlich wie beim Schuldturm im Mittelalter wird uns die Katastrophe, kein Geld zu haben, durch solche Narrative immer wieder erzählt. Und dadurch glauben wir weiterhin an die Macht des Geldes. Wir wollen weiterhin Teil dieser Gemeinschaft sein, unseren Beitrag leisten und dies mit Geld ausdrücken.

Mit Geld lässt sich alles kaufen

Wie bereits beschrieben, hat Geld immer versucht – alle Barrieren von Anstand und Moral zu überwinden. Daran ist nicht das Geld schuld, sondern die Menschen – welche der Macht des Geldes folgen.

In armen Ländern verkaufen Eltern ihre Kinder, um die anderen Kinder ernähren zu können. Kinderarbeit und Sklaverei sind Ausdünstungen eines Wirtschaftssystems, welches auf Geldgier anstelle von moralischen Werten setzt.

Im Mittelalter haben fromme Christen gemordet, gebrandschatzt und getötet. Von der Beute haben sie den Ablass für ihre Sünden bezahlt und so Vergebung erlangt. Die treuesten Ritter haben ihr Schwert an den Höchstbietenden verkauft. Somit sind auch Loyalität und Ehre schon damals käuflich gewesen.

Geld bedeutet Vertrauen

Oben schrieb ich, dass wir unserem Nachbarn und dem Supermarktbesitzer vertrauen. Doch eigentlich vertraut, sowohl der Supermarktbesitzer als auch unser Nachbar nur dem Geld, welches wir bezahlen.

Somit ist Geld ein Speichermedium für kollektives Vertrauen. Gleichzeitig genießt dessen Besitzer ein Vertrauen, welches vom Geld übertragen wird. Sobald aber der Geldbesitzer kein Geld mehr hat, vertraut man ihm auch nicht mehr. Dadurch wird er ebenfalls unweigerlich vom Wirtschaftsgeschehen ausgeschlossen. Und so vergeben Banken keine Kredite an Menschen, welche kein Geld haben. Denn Mittellosen kann man scheinbar nicht vertrauen.

Geld ist materiell

Wie bereits mehrfach beschrieben, sind zwar die Münzen und die Papierscheine etwas Materielles. Aber diese drücken lediglich das Glaubenssystem dahinter aus. Geld ist etwas zutiefst spirituelles und war es immer. So erfolgt der Handel mit bunten Papierscheinen zwar in einer materiellen Welt, doch der Glaube – dass dieses Papier irgendwelchen Wert besitzt – ist rein spirituell.

Dennoch wird uns Geldwissen und Geldverstand als etwas rein Materielles präsentiert. Wir lernen, wie man Geld bekommt und wie man es gewissenhaft einsetzt. Dadurch erkennen wir den eigentlichen spirituellen Aspekt des Geldes nicht mehr: Es bekommt seinen Wert erst, wenn die Menschheit ihm einen Wert beimisst oder besser noch anvertraut.

Geld ist Macht

Dadurch, dass Geld ein Speichermedium für kollektives Vertrauen ist – geht dieses Vertrauen auch auf dessen Besitzer über. Wem man vertraut, der hat Macht. Denn dessen Wort wird vertraut, denn schließlich weiß er wie man Geld macht. Man glaubt, dass Geldbesitzer auch gebildet sein müssen und außergewöhnlich sind. All diese Aspekte werden unbewusst dem Geldbesitzer übergestülpt, wodurch er Status und Macht erlangt.

Um mehr Macht zu haben, braucht es demnach mehr Geld. Dadurch wird die Machtgier zu einer Geldgier. Und diese Gier verursacht, dass die Barriere von Anstand, Ethik und Moral allmählich zu brökeln beginnt. Der einzelne Mensch kann dieser Versuchung kaum wiederstehen, da das System genau diese Vorgaben hat.

Geld bedeutet Freiheit

Da man sich vom Geld alles kaufen kann, hat man auch die Freiheit zu reisen, neue Erfahrungen zu sammeln und seine Träume zu verwirklichen. Was dabei komplett außer Acht gelassen wird, ist die Tatsache – dass man um Geld zu bekommen, zunächst Unfreiheit ertragen muss. Man muss nämlich einer Lohnarbeit (Tausch Geld gegen Zeit) oder irgendeiner anderen Tätigkeit nachgehen, um Waren gegen Geld einzutauschen.

Würde man irgendeinem anderen Tier, außer dem Menschen, erklären: Gehe zur Arbeit. Dadurch kannst du zwar nicht immer das machen, was du willst. Aber du sparst einen Teil deines Geldes und erträgst die Unfreiheit. Und einmal im Jahr nimmst du das ersparte Geld und fliegst in den Urlaub. Dann bist du kurz mal frei. Was denkst du, wie viele Tiere würden das bereitwillig mitmachen und dies Freiheit nennen?

Aber das Geldsystem hat auch dieses Narrativ so geschickt verpackt, dass das frühe Aufstehen, das Absprechen der Urlaubszeiten, das Einreichen der Urlaubsanträge und der Verzicht auf Lebenszeit uns irgendwie nicht so vorkommen, als wäre es Unfreiheit. Stattdessen unterscheiden wir zwischen Arbeitszeit und Freizeit und nicht zwischen Freiheit und Unfreiheit.

Geld als Weltreligion

Von einigen Theologen und Philosophen wurde Geld als falscher Gott bezeichnet. So etwa Hans Sachs, welcher das Geld als „irdischer got“ bezeichnete. Martin Luther bezeichnete Geld als „allergewöhnlichsten Abgott auf Erden“.

Der deutsche Philosoph Walter Benjamin (1892 bis 1940) bezeichnete den Kapitalismus als Kultreligion. Denn mit Hilfe des Geldes sollten dieselben Fragen (Sorgen, Ängste, Qualen) beantwortet werden, welche auch die Religionen beantworten wollten.

Der Gedanke zur Kultreligion wurde von den Soziologen Dirk Baecker und Christoph Deutschmann weiter verfeinert. Die Beiden stellten den Gedanken in den Kontext der wirtschaftlichen Situation zur Jahrtausendwende und kamen zum Schluss, dass der Glaube an den Kapitalismus deshalb so gesellschaftlich durchdrungen sei, weil die Alternativreligion dazu fehlt.

Demnach glauben wir alle ans Geld, weil die Alternative fehlt oder in unserem Umfeld nicht präsent ist. Ein echter Weltenbummler (oder Hans im Glück), welcher ohne Geld durch die Welt kommt, ist den meisten Menschen nicht bekannt. Wir haben zwar von solchen Menschen gehört, können uns aber selbst nicht vorstellen – dass eine Welt, in der man kein Geld (und auch nicht darauf angewiesen) ist – funktioniert.

Und deshalb glauben wir, dass die Welt nur durch Geld funktioniert, da wir nie etwas Anderes kennengelernt haben. Sämtliche Alternativen scheinen absurd zu sein.

Auf dieser Grundlage verbrachte Geld etwas, was keine Religion zuvor geschafft hatte. Sie vereinte die gesamte Menschheit. Das Christentum und der Islam haben im Frühmittelalter versucht, eine Antwort auf die Sorgen der Menschen zu geben.

Da beide Religionen sich als Verkündungsreligion begreifen, wurden Leute ausgesandt, um zu missionieren. Aber sie schafften es nicht, alle Menschen zu erreichen. Der Glaube ans Geld schaffte dies allerdings schon.

Selbst in den letzten Gegenden dieser Erde glaubt man, dass man irgendetwas mit Geld anfangen kann. Wohlmöglich ist das Glaubenssystem ums Geld die einzig wahre Weltreligion.